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Grauwasserrecycling: Raus aus der Nische

Bis zu 65 % des Wasserbedarfs wird für die Körperpflege, wie Duschen, Baden, Händewaschen und für die Waschmaschine benötigt. Das daraus resultierende Abwasser ist das sogenannte Grauwasser. Dieses Wasser ist relativ gering verschmutzt und kann nach entsprechender Aufbereitung ideal für die Toilettenspülung, das Wäschewaschen und die Gartenbewässerung wiederverwendet werden.

Zukunftstechnologie Grauwasserrecycling: neue Technologie ermöglicht Wassersparen und Rendite gleichermaßen

Bis zu 65 % des Wasserbedarfs wird für die Körperpflege, wie Duschen, Baden, Händewaschen und für die Waschmaschine benötigt. Das daraus resultierende Abwasser ist das sogenannte Grauwasser. Dieses Wasser ist relativ gering verschmutzt und kann nach entsprechender Aufbereitung ideal für die Toilettenspülung, das Wäschewaschen und die Gartenbewässerung wiederverwendet werden.

Doch bis dato ist das Thema Grauwasserrecycling zur Lieferung von Betriebswasser meist nur als Ökonischen-Technologie wenigen Fachleuten wirklich geläufig. Nur in seltenen Ausnahmefällen werden in Deutschland solche Systeme im Neubau eingesetzt. Auch global betrachtet laufen das Grauwasser und dessen Wärmeenergie meist ungenutzt in den Abwasserkanal. Zahlreiche Hersteller für Grauwassersysteme, die in den letzten Jahren Systeme auf den Markt gebracht haben, sind wieder verschwunden. Doch warum ist dies eigentlich so? Die Ursachen sind dabei vielschichtig. Zunächst einmal hat es bis heute einfach am richtigen Umsetzungskonzept gemangelt. Viele Grauwassersysteme basierten auf einem Verwurf des besonders verschmutzen Wassers mit anschließender Chlorbehandlung, andere Systeme auf rein biologischem Abbau mit etwaiger UV-Desinfektion. Letztlich sind fast alle diese Systeme gescheitert, da die erforderliche Wasserqualität nicht dauerhaft gewährleistet werden konnte, die Systeme zu teuer oder zu wartungsintensiv waren. Insbesondere wird bei der Verwendung von recyceltem Wasser im Gebäude auch eine gelegentlich schlechtere Qualität vom Nutzer absolut nicht akzeptiert.

Seit wenigen Jahren ermöglichen jedoch neue Technologien nun Systeme, die sich bereits bei Wasserkosten von 5,00 / m³ innerhalb kurzer Zeit amortisieren und eine sehr gute Wasserqualität liefern. In diesem Fachartikel wird das Thema Grauwasserrecycling in ein ganz neues Licht und Blickfeld gehoben. Anhand der Betrachtung eines inzwischen zehn Jahre dauernden, kompletten Entwicklungsweges über zwei Forschungsvorhaben bis hin zu zahlreichen in der Praxis umgesetzten Anlagen, werden der aktuelle Stand sowie die Aussichten für die Zukunft für diese vielversprechende Zukunftstechnologie betrachtet.

„Forschung, Entwicklung und Konstruktion einer neuartigen Grauwasserrecycling-Anlage“

Ergebnisse aus dem 1. Forschungsprojekt (AIF gefördertes Forschungsvorhaben 1.12.2007 bis 31.12.2008)

Aufgabenstellung

Im Rahmen des AIF-geförderten Projektes sollte das Prototypen- Grauwasserbehandlungssystem der Firma INTEWA GmbH untersucht und bewertet werden. Dafür wurden drei Anlagen in Privathaushalten beprobt und Belastungstests ausgesetzt. Eine größere Anlage wurde an der vom Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen betriebenen Versuchskläranlage des Landesamtes für Natur und Umwelt NRW (LANUV) (HTK-Neuss) installiert. Besondere Aufmerksamkeit wurde bei allen Anlagen der Desinfektion des gereinigten Grauwassers geschenkt.

Funktionsweise

Die für dieses Forschungsprojekt entwickelten Grauwasserbehandlungsanlagen arbeiteten nach dem Biofilmverfahren im Batch-Betrieb. In der Anlage fließt das zu behandelnde Grauwasser über eine Filtermatte und den mit Festbettmaterial gefüllten Bioreaktor dem Mischwasserbehälter 1 zu (Bild 2). Hier wird es mit Hilfe einer Umwälzpumpe mit 5 l/min innerhalb des Behälters 1 (Volumen: 400 l) fünf Stunden durch den Bioreaktor geleitet. Im Anschluss fördert diese Pumpe das gereinigte Grauwasser über die UV-Lampe eine Stunde lang in den Klarwasserbehälter (Behälter 2, Volumen: 100 l). Ist der Klarwasserbehälter vollständig gefüllt, fließt das überschüssige Wasser in Behälter 1 zurück. Das Klarwasser wird für die Spülung der Toilette verwendet. Falls die Menge gereinigten Grauwassers für die Spülung der angeschlossenen Toilette nicht ausreichend ist, wird automatisch Trinkwasser in den Klarwasserbehälter nachgefüllt. Eine für das Fassungsvermögen des Behälters 1 zu große Menge Grauwasser fließt über einen Überlauf in die Kanalisation.

Betriebsergebnisse

Mit relativ geringem technischem Aufwand konnten bereits sehr geringe mittlere BSB-Werte von 2,2 mg/l erzielt werden. Das kontinuierliche Umwälzen des gesamten Wasservorrates führte wie geplant zu einer kontinuierlichen BSB-Minimierung und somit Lagerfähigkeit des Wassers in der Anlage. Wie bei einem Fluss ist das Wasser ständig in Bewegung. Aufgrund der Umwälzung konnte dadurch auf eine zusätzliche Belüftung verzichtet werden. Die Reinigung erfolgt ausschließlich durch Mischung, Sedimentation, biologischen Abbau sowie durch UV-Entkeimung und kommt ohne chemische oder biologische Zusätze aus.

Bei Anlage B gab es mehrere technische Störungen, hervorgerufen sowohl durch Anlagenkomponenten (Pumpenausfall, Ausfall der Nachspeisung) als auch von Seiten der Wasserreinigung. Da keine Vorfilterung installiert war, wurde die Anlage stärker belastet als geplant. Infolge des zugesetzten Festbettes kam es zum Überlaufen der Anlage, wenn das Badewasser abgelassen wurde. Besonders zu erwähnen ist, dass auch das Verbraucherverhalten ungünstig für den Anlagenbetrieb bei dieser Anlage war, da ein Zulauf nur ca. ein- bis zweimal je Woche stattfand, wenn fast die gesamte Familie badete.

Aufgrund unzureichend gleichmäßiger Verteilung des Umwälzwassers über dem Festbett, stellten sich bei zwei Anlagen anaerobe Bereiche ein. Durch eine bessere Vorfilterung und Optimierung des Festbettes liefen zum Abschluss des Projektes beide Anlagen gut.

Anlage B: Reinigung der Anlage, die sich nach kurzer Betriebsdauer zugesetzt hat

Mikrobiologie

Die Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchungen der Stichproben lieferten gute Ergebnisse für die Privathausanlagen von unter 10 E.coli / 100 ml. Exemplarisch sind diese hier anhand der E.coli dargestellt:

Bei der Anlage HTK war das vermehrte Auftreten von Mikroorganismen bedingt durch den Aufstellungsort in einer Halle, in der Versuche mit Abwasser gemacht wurden. Da die Deckel der Anlage überwiegend offen standen, um zusätzliche Parameter wie Sauerstoffgehalt und pH-Wert zu bestimmen, die Wasserverteilung auf dem Festbett zu beobachten bzw. bei Störungen schneller eingreifen zu können, wurden Keime über den Luftweg eingetragen.

Biologische Abbauleistung

Für die Wirksamkeit der Grauwasserbehandlungsanlagen ist die Eliminationsleistung der auf dem Festbettmaterial etablierten Mikroorganismen von ausschlaggebender Bedeutung. Während der gesamten Projektdauer wurden in den Anlagen mehrfach Stich- und Mischproben über einen Zeitraum von 5 bis 72 Stunden entnommen.

Im folgenden Diagramm sind die über 3 Tage ermittelten Analysenergebnisse von Proben aus dem Mischwasserbehälter der Anlage A dargestellt. Die Beprobung begann jeweils morgens um 8 Uhr. Der BSB5-Zielwert von 5 mg/l wird nur zu Beginn der jeweiligen Duschvorgänge kurzzeitig überschritten. Da das Mischwasser erst nach 5 Stunden Behandlung in den Klarwasserbehälter umgepumpt wird, wird der Grenzwert im Klarwasserbehälter immer eingehalten.

In der folgenden Tabelle sind die Angaben der statistischen Auswertung der Beprobung aufgelistet:

 

CSB                  

BSB                    SAK 254 nm   
 [mg/l]

[mg/l]

[mg/l]
Mittelwert7,92,23,8
Median6,01,03,7
Standardabweichung                   5,42,41,1
95-Perzentil

17,2

6,65,7
Maximum24116,9
Minimum30,51,9

 

Die Minima von CSB und BSB liegen unterhalb der Bestimmungsgrenzen

Fazit

Die von der Firma INTEWA entwickelte Grauwasserbehandlungsanlage hat sich im wissenschaftlich begleiteten Praxisbetrieb als wirkungsvolle Einrichtung zur Reduktion des Wasserverbrauchs auch in Privathaushalten erwiesen. Das Duschwasser wird biologisch so gereinigt und mittels UV-Lampe desinfiziert, dass diese Bauart von Grauwasserbehandlungsanlagen problemlos für die Lieferung von Betriebswasserqualität, z.B. für die Toilettenspülung einsetzbar gewesen wäre. Die Versuche zeigten, dass die chemischen und mikrobiologischen Zielwerte von zum Beispiel weniger als 10 E.coli / 100 ml und einem BSB von < 5 mg/l im Betriebswasser (Klarwasserspeicher) eingehalten werden können. Aus den Versuchen mit realem Duschwasser und verschiedenen Anlagengrößen, ließen sich im Vorhaben Bemessungswerte für das Eliminationsverhalten und daraus folgende Anlagendimensionierungen ableiten.

Nach Ablauf des Forschungsvorhabens wurden die Prototypenanlagen noch mehrere Jahre weiter betrieben, um Langzeiterfahrungen zu sammeln. Es stellte sich heraus, dass im Langzeitbetrieb das Festbett zu schnell verblockte. Dies führte zu einem nicht geplanten, erhöhtem Wartungsbedarf von weniger als einem Jahr. Obwohl das Forschungsvorhaben insgesamt gesehen vielversprechende Ergebnisse lieferte, wurde schließlich beschlossen, diese Technologie nicht auf den Markt zu bringen. Neben dem erhöhten Wartungsaufkommen war der Hauptgrund hierfür, dass bei Versagen der biologischen Stufe keine 100 % Garantie und Sicherheit für die Einhaltung der Wasserqualität gegeben werden konnte. Hingegen wurde in ein neues Forschungsprojekt mit einer neuen Ultrafiltrationstechnologie investiert, um eine 100 % Verschmutzungsbarriere vor der Wiederverwendung des Wassers im Haushalt zu erzielen. Die Ergebnisse aus dem ersten Forschungsvorhaben, insbesondere zum Abbauverhalten des Biofilmverfahrens, konnten weiter verwendet werden.

AQUALOOP - der Einbausatz für die Wasseraufbereitung und Wärmerückgewinnung. ECO-Innovation, First Application and market replication projects, 2013 bis 2015

Ergebnisse aus dem 2. Forschungsvorhaben

Aufgabenstellung

Dieses abgeschlossene, EU-geförderte Projekt, hatte das Ausgangsziel, eine Technologie zu entwickeln, die in der Lage ist, gebrauchtes Wasser zu recyceln und eine hohe Wasserqualität auf einem vernünftigen Kostenniveau (deutlich unter den Wasserpreisen) bereitzustellen. Im Gegensatz zu anderen Forschungsprojekten siedelte sich der CIP Eco-Innovation Call im Bereich der Umsetzung und Demonstration an. Ziel war es, mit AQUALOOP komplette Wasserwiederverwendungssysteme einschließlich Wärmerückgewinnung zur Erzeugung von keimfreiem, hochwertig behandeltem Wasser zu entwickeln und den Markteintritt vorzubereiten. Dies sollte unabhängig davon sein, ob das Eingangswasser von Grauwasser aus Häusern, Ablaufwasser aus Kläranlagen oder Oberflächenwasser stammt. Die innovative Wasser- und Wärmerückgewinnungstechnik sollte mehr als 50% Wasser und 15% des Wärmeverbrauchs in einem weiten Bereich von Anwendungen, wie beispielsweise bei Privathäusern, Hotels, Campingplätzen, gewerblichen und öffentlichen Gebäuden, Industrieanlagen etc., einsparen. In diesem Fachbericht werden nur thematisch relevante Teilbereiche aus dem umfangreichen Projekt betrachtet und der Fokus somit auf die Anwendung "Grauwasserrecycling" gelegt.

Funktionsweise

Mit dem AQUALOOP Kit Einbausatz als Basis-Komponenten und lokalen Standardkomponenten wie Tanks, Rohrleitungen und Wasserversorgungseinheiten, sollten Unternehmen weltweit vollständige Wasserwiederverwendungssysteme mit Wärmerückgewinnung für unterschiedliche Anwendungen erstellen können.

Das AQUALOOP-Kit besteht dabei aus sechs Kernkomponenten, wie im Folgenden dargestellt. Diese sind der multifunktionale Vorfilter, die flexible Membranstation, die patentierte Ultrafiltrationsmembran (mit einer Lebensdauer von bis zu zehn Jahren) und ein neuartiger Wärmetauscher.

Das Projekt beinhaltete neben der Durchführung der Qualitäts- und Preisoptimierung der Komponenten auch die Optimierung des Verfahrens, einschließlich der Membrantechnik. Ziel war die Verringerung des Energieverbrauchs und die Erhöhung sowohl manueller/chemischer Reinigungsintervalle, als auch die Erhöhung der Lebensdauer der Membranen und Komponenten.

Anhand von verschiedenen Demonstrationsanlagen, vom Einfamilienhaus bis zur Gewerbeanlage, sollte die Technologie untersucht, bewertet und in den Markt eingeführt werden. Im Folgenden werden exemplarisch zwei der Forschungsanlagen für das Grauwasserrecycling beschrieben:

Betriebsergebnisse
Grauwasserrecycling für ein Einfamilienhaus in Kelmis, Belgien

Das für bis zu 6 Personen ausgelegte System, das im folgenden Bild dargestellt ist, besteht aus einem Bioreaktor und einem Klarwasserspeicher. Jeder Tank hat ein Gesamtvolumen von 350 Liter. Der Vorfilter und die Aufwuchskörper befinden sich im Bioreaktor. Feste Materialien (z.B. Haare, Sand) werden durch die Filterung extrahiert, während organische Bestandteile durch eine biologische Aufbereitung entfernt werden. Die Bakterienaktivität wird durch die Belüftung des Grauwassers ermöglicht. Bodensediment und Schwebstoffe des Aufnahmespeichers werden automatisch in Überlaufzeiten abgeführt.

Die sogenannte Membranstation ist im Bioreaktor installiert. Diese beinhaltet die Plattform für die Installation der Membranen. Eine Permeatpumpe, eine Rückspülpumpe und ein Rückspülbehälter sind ebenfalls integriert. Die Membranstation beinhaltet zudem eine vollautomatische Steuerung für Betrieb und Überwachung der Pumpen und des Belüfters. Die Ultrafiltra­tions-Membranen sind spezielle, hydrophile PE-Hohlfasern mit einer Porenweite von 0,02 μm, die auch Bakterien und Viren zu­rück halten. Der Belüfter versorgt den Bioreaktor mit Sauerstoff und reinigt die Membranen gleichzeitig. Die durch die DVWG zertifizierte, vollautomatische Pump- und Überwachungsstation (RAINMASTER) enthält Pumpe, Steuerung und Trinkwassernachspeisung. Hiermit wird das aufbereitete Wasser vom Klarwassertank über einen Ansaugschlauch gepumpt und für Toilettenspülung, Waschmaschine sowie für Sprühanwendung wie Gartenbewässerung genutzt. Wenn die Menge des aufbereiteten Grauwassers zu gering ist, schaltet der DVGW-zertifizierte RAINMASTER automatisch auf Trinkwasser um.

1. Vorfilter5. Membran
2. Bioreaktor6. Gebläse
3. Membranstation               7. Klarwasserspeicher
4. Steuerung8. RAINMASTER

 

Die im November 2013 installierte Anlage ist fast in ihrer Ursprungsausführung heute noch in Betrieb. Der Vorfilter wurde inzwischen mit einer automatischen Rückspülung ausgestattet und arbeitet nun bis auf die Entnahme von Haaren alle sechs Monate wartungsfrei. Die Ultrafiltrationsmembran erwies sich als sichere Barriere gegen Keime. Sehr viel Zeit wurde in die Optimierung des Membranbetriebes investiert. Ziel des Konzeptes war ein nahezu wartungsfreier Anlagenbetrieb (Wartungsintervalle von 1-2 Jahren) ohne den Einsatz von chemischen Reinigungsmitteln. Aufgrund der enorm großen Membranfläche von 6 m² pro Kartusche, konnte ein entsprechender Stabilisierungs-Flux auch erreicht werden. Der sehr niedrige Stabilisierungs-Flux von 0,5 l/min hat auf der anderen Seite lange Permeatpumpenlaufzeiten zur Folge. Bei einem durchschnittlichen Aufbereitungsvolumen für die kleine Anlage von 200 l/Tag ergaben sich so Pumpenlaufzeiten von über 7 Stunden. Auf der Anlagenseite wurde dementsprechend eine Pumpenbaugruppe entwickelt, die sicher über 20.000 Betriebsstunden läuft und durch eine Drehzahlregelung einen sehr niedrigen Stromverbrach aufweist. Die maximale Leistungsaufnahme der Anlage liegt bei 80 Watt. Der gesamte Energiebedarf für die Aufbereitung und Druckerhöhung eines Kubikmeter Wassers wurde mit 2,2 kWh ermittelt.

Aufgrund der kleinen Anlagengröße und der geringen Temperaturdifferenz im Bioreaktor durch Mischung des warmen Duschwassers mit dem bereits abgekühlten Wasser im Bioreaktor wurde das ursprüngliche Wärmetauscherkonzept verworfen. Anstelle dessen wurde die Anlage auf einen Plattenwärmetauscher außerhalb des Speichers umgebaut, um die höheren Ablaufwassertemperaturen zu nutzen. Insgesamt erwiesen sich letztlich alle untersuchten Wärmetauscherkonzepte bei den relativ kleinen Anlagen und insbesondere unter Berücksichtigung der einschlägigen Normen zur Medientrennung (separater Wärmetauscherkreislauf) als technisch und wirtschaftlich ineffizient. Besonders zu erwähnen ist, dass sich der Entzug der Wärme aus dem Bioreaktor als kontraproduktiv zur Leistungsfähigkeit des biologischen Abbauverhaltens im Wirbelbett verhält.

Normen, Sicherheit und Zertifizierung

Der aktuelle Europäische Norm-Entwurf DIN EN 16941-2 "Anlagen für die Verwendung von behandeltem Grauwasser" legt seit 10/2017 die Grundlagen von Planung, Bemessung, Einbau, Kennzeichnung, Inbetriebnahme und Wartung von Grauwassernutzungsanlagen und auch die Mindestanforderungen für die Verwendung von Grauwasser vor Ort fest. Dieses Dokument wurde vom Technischen Komitee CEN/TC 165 "Abwassertechnik" erarbeitet, dessen Sekretariat von DIN (Deutschland) gehalten wird. Das zuständige deutsche Gremium ist der NA 119-05-08 AA "Wasserrecycling - Erarbeitung von Normen für die Regenwasser- und Grauwassernutzung" im DIN-Normenausschuss Wasserwesen (NAW).

Bis dato existierte in Europa nur der British Standard BS 8525-1:2010 "Greywater systems". Außerhalb von Europa gibt es verschiedene australische Standards und den amerikanischen NSF/ANSI 350. Diese, weltweit einzig bedeutsame Prüfnorm ist Grundlage für einen Zertifizierungsprozess für verschiedene Qualitätsstufen. Für das Forschungsvorhaben war es daher schnell klar, dass das INTEWA Grauwasserrecycling-System nach dem NSF/ANSI 350-Standard untersucht und nach Möglichkeit zertifiziert werden sollte. Die folgende Grafik zeigt das Testsystem, welches für die 26-wöchige Prüfung nach dem NSF/ANSI 350 Standard eingesetzt wurde:

1. AL-30FK, Füllkörper6. Klarwasserauslauf
2. Bioreaktor, LxHxB=1320x1284x720mm              7. AL-MS, Membranstation
3. AL-F100, Vorfilter8. AL-MEM, Membrankartusche
4. AL-B, Gebläse9. AL-VIP, Schlammpumpe
5. AL-MS, Steuerung

 

 

Das im Folgenden dargestellte Testsystem wurde beim Prüfinstitut PIA in Aachen in einem eigens vorgesehen Testcontainer aufgebaut und beprobt. Die Prüfung beinhaltete die besondere Herausforderung, dass keine Wartung im 26-wöchigen Testzeitraum an der Anlage durchgeführt werden durfte. Hinzu kamen spezielle Stresstests wie Urlaubsphasen, erhöhter Schmutzeintrag (Stoßbelastung), Stromausfall und weitere praxisrelevante Tests. Für einen einheitlichen Prüfstandard ist die Grauwasserzusammensetzung festgelegt. Insbesondere der eingesetzte, feine Teststaub stellte eine besondere Herausforderung für die Ultrafiltrationsmembran dar. Die von INTEWA konzipierte Kartusche mit integrierte Belüftung und gebündelten PE Hohlfasermembranen reinigten jedoch ausreichend ab, so dass der geforderte Flux eingehalten wurde.

In der folgenden Tabelle sind NSF Zulauf- und die von INTEWA erzielten Ablaufwasserqualitäten beschrieben:

Influent range source water 4

Requirement effluent NSF/ANSI 350-2014 Class C

  

AQUALOOP effluent Test results NSF approval Class C

  

  

 

 

Test Average

Single Sample Maximum

Result Average

Single Sample Maximum

BOD5

130 – 180 mg/l

--                 

--

--

--

CBOD5

--

10 mg/l 

25 mg/l

5 mg/l

17 mg/l

TSS

80-100 mg/l

10 mg/l

30 mg/l

2 mg/l

7,8 mg/l

turbidity (NTU)

50-100 NTU

2 NTU

5 NTU

0,57 NTU

3,89 NTU

E. coli ²

10² -104 cfu/100ml

2,2 MPN/100ml

200 MPN/100ml

1,0 MPN/100ml

13,0 MPN/100ml

pH

6,5 – 8,0

6,0 – 9,0

NA1

7,38

NA1

color

--

MR ³

NA

MR ³

NA

odor

--

Non offensive

NA

Non offensive

NA

oily film and foam

--

Non-detectable

Non-detectable

Non-detectable

Non-detectable


1 NA: not applicable.
² Calculated as geometric mean.
³ MR: measured and reported only.
4 System for treating bathing and laundry source waters (combined)

Das INTEWA Testsystem konnte alle Anforderungen erfüllen und somit als erstes und bislang einziges System nach "Class C" zertifiziert werden. Im Gegensatz zu Class R (Trübung 5 NTU, E.coli 14 MPN/100 ml als Mittelwerte) dürfen bei Class C beispielsweise max. 2 NTU und 2,2 E.coli im Durchschnitt erreicht werden. Anlagen des Typs Class C sind insbesondere für gewerbliche Grauwassersystemen vorgesehen. Insgesamt konnte die gesamte INTEWA Systembaureihe AL-GW600 bis AL-GW5400 nach NSF/ANSI 350-2014 zertifiziert werden. Beliebig größere Systeme sind, wenn sie in Übereinstimmung mit Behandlungsvolumen und Dauer, spezifiziert im INTEWA NSF-Bericht und der Zertifizierung ausgelegt werden, ebenfalls NSF konform.

Fazit

Im Rahmen dieses EU Forschungsvorhabens konnte eine Technologie entwickelt und demonstriert werden, die mittels Ultrafiltration eine Basis für qualitativ hochwertiges Betriebswasser aus Grauwasser zu jeder Zeit garantiert. Die Anlagen zeichnen sich zudem durch sehr lange Wartungsintervalle von mehr als sechs Monaten und eine Standzeit der Membrantechnik von zehn Jahren aus. Auf eine kontinuierliche chemische Reinigung konnte verzichtet werden. Die langen Wartungsintervalle bedingen jedoch einen relativ kleinen Stabilisierungsflux bei großer Membranoberfläche und somit langer Permeatpumpenlaufzeit. Diese Anlagen können sich bei Wasserpreisen von 5,00 /m³ (Trink- und Abwasser) je nach Anlagengröße in einem Zeitraum von bereits deutlich unter zehn Jahren amortisieren und waren somit für die gewerbliche Haustechnik bereits von Interesse.

Grauwasseranlagen in der Praxis

Im Laufe der Jahre nach den Forschungsvorhaben, wurden weltweit inzwischen über 100 INTEWA Grauwassersysteme umgesetzt. Eine kurze Beschreibung einiger interessanter Anlagen findet sich im folgenden Kapitel:

Eataly in Los Angeles mit Blick auf Hollywood 2017

Das 67000 Quadratmeter große Eataly in Los Angeles umfasst eine ganze Reihe italienischer Restaurants und Lebensmittelmärkte. Diese weltberühmte, gastronomische Oase hat Standorte in New York, Boston und Chicago, aber ihre grünste Einrichtung wurde nun offiziell 2017 in Los Angeles eröffnet. Als Premiere galt das allererste, gewerbliche NSF-350 Class C-zertifizierte Grauwassersystem. Das System befindet sich im ersten Stock neben der Gelato und Cannoli Bar in einem Glasgehäuse. Das vollautomatische System fängt ca. 2000 l Wasser der Handwaschbecken auf, bereitet es auf und verwendet es für die Toilettenspülung. Eingesetzt werden zwei AQUALOOP Membranstationen mit zwölf Membranen.

Türkei Bayindir Universität, Studentenwohnheim 2016

Bei der Suche der Bayindir Universität nach einem Grauwasserrecycling-System kam es auf die hohe Aufbereitungsqualität und den geringen Platzbedarf an. Über 100 Studenten dieser Universität nutzen nun Grauwasser und sparen jeden Tag 8 m³ Trinkwasser ein. Das Grauwasser wird für die Toilettenspülung und die Bewässerung aufbereitet. Die Anlage besteht aus zwei AQUALOOP Membranstationen mit zwölf AQUALOOP Membranen und einem PURAIN Filter PR 150.

Wohnanlagen München 2017

Bei mehreren Wohnanlagen wird das Grauwasser aus Duschen, Badewannen und Handwaschbecken nun recycelt. Bei dieser Anlage wird es über einen PR 150-S PURAIN Filter vorgefiltert, bevor es in den 5000 Liter Kunststofftank (Bioreaktor) gelangt. Hier findet der biologische Abbau statt. Der Skimmerüberlauf des PURAIN Filters entfernt die Schwimmstoffe. Mit zwei AQUALOOP Membranstationen im Bioreaktor wird das Grauwasser ultrafiltriert und in einen Klarwasserspeicher (5000 Liter) gefördert. Über eine Zubringerpumpe im Klarwasserbehälter wird das aufbereitete Klarwasser zu einem Zwischenbehälter einer Pumpenzentrale gepumpt. Von da aus werden über ein Doppelpumpensystem WCs und Außenzapfstellen versorgt.

Wirtschaftlichkeit

Im Laufe der Entwicklungszeit ist die sogenannte Payback-Zeit für Systeme mit ca. 5 m³ / Tag von über 20 Jahren auf inzwischen unter 7 Jahren gesunken. Betrachtet man den Wasserpreis, so kann der Nutzer einer solchen Anlage mit einem Wasserpreis von ca. 2,00€/m³ kalkulieren. Dies beinhaltet dann Trink- und Abwasserkosten. Da in Deutschland der Preis jedoch im Durchschnitt bei 5,00€/m³ liegt, sieht man schnell, dass sich diese Grauwasserrecycling-Systeme heute wirtschaftlich rechnen können.

Grauwasser 4.0: zentrale Steuerung, Monitoring und Cloud

In den letzten Jahren sind Bedarf und Anforderungen für größere Grauwassersysteme gewachsen. Bis dato wurden von INTEWA modulartige Steuerungen angeboten, die redundant und völlig autark betrieben wurden. Höherer Wasserbedarf bedeutete dann, weitere AQUALOOP Membranstationen mit einer separaten Steuerung einzusetzen. Speziell für Anlagen ab 5400 l/Tag wurde nun ein völlig neues, zentrales Steuerungskonzept entwickelt, welches zahlreiche Vorteile in sich vereint. Die Standardserie für Anlagen bis 100 m³/Tag kommt in wenigen Monaten auf den Markt und beinhaltet eine zentrale, digitalisierte Steuerung mit vollautomatischer chemischer Reinigung. Die Anlagen müssen nur mit einem LAN-Kabel an das Internet angeschlossen und somit weltweit konfiguriert und gewartet werden.

Die neue Steuerungstechnik

Die neue Steuerungstechnologie bietet dabei zahlreiche Vorteile für Planer, Betreiber und Wartungsunternehmen der Anlage:

1. Anlagen sind beliebig skalierbar und erweiterbar durch Modularität der Steuerungseinheiten

2. Sicherheit

a. DSGVO-konforme Datenverarbeitung
b. HTTPS, Verschlüsselung der Datenübertragung
c. CE, UL, konforme Hardware

3. Hardware Schnittstellen

a. 100 Mbit Ethernet
b. Internetverbindung ohne Router Port Freischaltung
c. BUS Schnittstelle (Bacnet, Modbus... )

4. Webapplikation mit Visualisierung oder autark

5. Cloudbasierte Weboberfläche für Bedienung und Visualisierung, Abrechnungen, Lizenzmodelle Langzeit-Auswertung und Vorhersage

Das Grauwassersystem der Zukunft kann so von überall aus gesteuert werden. Das Ablesen des Verbrauchs, Statistiken, Stromverbrauch, Optimierung der Anlagenparameter und Empfehlungen für Wartungen sind nur einige wenige handfeste Vorteile, die diese Technik mit sich bringen soll. Bei großen Gebäuden ist die Einbindung in das lokale Gebäudemanagementsystem über die bereits integrierten Schnittstellen möglich. Dies optimiert die Betriebs- und Wartungskosten erheblich und trägt zu einer weiteren Optimierung der Wirtschaftlichkeit der Systeme bei.

Zusammenfassung und Ausblick

In diesem Fachartikel wurde der über zehn Jahre dauernde Entwicklungsverlauf von den ersten Grauwasserprototypenanlagen bis hin zu den heutigen modernen Anlagen mit Zertifizierung, automatisierter Wartung, Cloud Applikation und wirtschaftlicher Betriebsweise beschrieben. Besonders bedanken möchte ich mich bei Mitarbeitern, Partnern, Kunden, Lieferanten und den Fördermittelgebern. Ohne deren Hilfe wäre der heutige Stand, den die Technologie erreicht hat, nicht möglich gewesen. Es ist möglich, dass das Grauwasserrecycling in Zukunft sogar als Stand der Technik Einzug in Gewerbeneubauten mit mehr als 2 m³/Tag Grauwasseranfall halten wird, denn das Grauwasserrecycling ist nun ökologisch wertvoll und wirtschaftlich gleichermaßen. Dabei werden Wasserqualitäten erzielt, die die höchste NSF / ANSI 350 Class C erfüllen. Ein Ende der Entwicklung ist jedoch noch immer nicht erreicht. In Zukunft werden die Anlagen noch wirtschaftlicher und die Wasserqualität noch besser. Auch eine Kombination von verschiedenen Wasserquellen und sogar neue Aufbereitungsverfahren sind bei INTEWA und in weiteren Forschungsabteilungen bereits jetzt in Arbeit. Das Ziel: eine autarke, dezentrale und nachhaltige Wasserversorgung. Fortsetzung folgt ...

 

Dipl. Ing. Oliver Ringelstein
INTEWA GmbH
Auf der Hüls 182
52068 Aachen
Tel: 0241-96605-0
Mobil: 0163-6966050

Autor: Oliver Ringelstein, INTEWA GmbH
 
Weitere Informationen:
Basiswissen Wasseraufbereitung
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Informationen zum EU Projekt
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